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Hilfe zu leisten, war das Gebot der Stunde

Das Infozelt der Ukraine-Hilfe Bern im Hof des Burgerspitals

11.07.2022

Das Infozelt der Ukraine-Hilfe Bern könnte kaum an einem zentraleren Ort stehen. Die Anlaufstelle im Hof des Burgerspitals liegt gleich neben dem Berner Hauptbahnhof. Hier erhalten die Geflüchteten die allerwichtigsten Infos, damit sie sich bei uns rasch zurechtfinden können.

TEXT und BILD: MARTIN GRASSL

Die Ukraine-Hilfe Bern steht notabene ebenso interessierten Helfenden aus der einheimischen Bevölkerung offen. Die Vermittlungsstelle, die auch eine ukrainisch-deutschsprachige Website betreibt, nahm ihren Betrieb drei Wochen nach Kriegsbeginn auf und wurde Ende Juni mit dem Berner Samariterpreis ausgezeichnet. Wer sind die Hilfesuchenden, die zur Ukraine-Hilfe Bern kommen, und was sind ihre konkreten Bedürfnisse? Wir haben darüber mit Christoph Reichenau, Vorstandsmitglied des Vereins Ukraine-Hilfe Bern, gesprochen.

MEDAILLON: Der Verein Ukraine-Hilfe Bern nahm sehr rasch nach Kriegsbeginn seinen Betrieb auf. Wie kam es dazu?
Christoph Reichenau: In den Wintermonaten zeichnete sich ab, was niemand für möglich hielt: dass Russland die Ukraine überfallen würde. Dies weckte sogleich Erinnerungen an den sowjetischen Einmarsch in Ungarn (1956) oder in die Tschechoslowakei (1968). Wenn dies wieder passiert, dann wird es schlimm: Auf Westeuropa kämen gewaltige Flüchtlingsströme zu und auch die Schweiz wäre davon betroffen. Hilfe zu leisten, war das Gebot der Stunde, deshalb gründeten wir als Gruppe Gleichgesinnter den Verein. Der Kleine Burgerrat sprach wenig später einen grossen Beitrag zugunsten des Vereins, später zogen einzelne Gesellschaften und Zünfte sowie verschiedene Stiftungen und Privatpersonen sehr grosszügig nach. Die Ukraine-Hilfe Bern ist jedoch von der Burgergemeinde unabhängig und handelt nicht in ihrem Auftrag.

Wer sind die Hilfesuchenden, die zur Ukraine-Hilfe Bern kommen und was sind ihre grössten Bedürfnisse?
Eines vorweg: Der rasche Entscheid des Bundesrats, Geflüchteten aus der Ukraine den Schutzstatus S zu verleihen, hat unserem Vermittlungsangebot einen zusätzlichen Push verliehen. Denn mit dem Schutzstatus dürfen die Geflüchteten an Sprachkursen teilnehmen oder auf Jobsuche gehen oder privat unterkommen. Da Männer zwischen 18 und 60 Jahren die Ukraine nicht verlassen dürfen, bestehen die Geflüchteten weitgehend aus jungen Frauen mit kleinen Kindern, oft in Begleitung angehöriger Grosseltern. Es gibt einen grossen Run auf Deutschkurse, denn der Spracherwerb ist zentral. Wir treten als Vermittlerin auf, etwa in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Bern oder der Heilsarmee mit ihren Deutschkursen. Auch ist unsere generelle Infoveranstaltung jeden Donnerstag sehr gefragt. Abgesehen davon organisieren wir Dolmetscherinnen und Dolmetscher für alle Lebenslagen. Gleichzeitig werden psychologische Beratungsangebote immer wichtiger, da die Hilfesuchenden mit verschiedenen psychischen Herausforderungen zu ringen haben und mitunter schwer traumatisiert sind. Hier ermöglichen wir ein Angebot ukrainischsprachiger psychologischer Fachpersonen.

Wie sieht aktuell die Zukunftsperspektive der Geflüchteten aus respektive mit welchem Zeithorizont wurde die Ukraine-Hilfe Bern ins Leben gerufen?
Wir haben die Aufrechterhaltung unseres Angebots von vornherein auf ein Jahr angelegt, also mindestens bis Ostern 2023. Fast alle Geflüchteten wollen zwar so schnell als möglich wieder zurück in ihre Heimat, wir registrieren neuerdings aber auch, dass einzelne mit der baldigen Rückkehr zögern. Sie alle unterhalten enge Kontakte in ihre Heimat und sind dadurch viel detaillierter über die drastischen Zerstörungen im Bild als wir, die auf die hiesigen Medien angewiesen sind. Grundsätzlich behandeln wir alle Menschen so, als wollten sie hierbleiben. Glücklicherweise ist die Solidarität der Schweizer Bevölkerung nach wie vor sehr hoch, im Gegensatz zu einzelnen politischen Stimmen, die die Vergabe des Schutzstatus S eindämmen wollen.

Wie viele Geflüchtete aus der Ukraine befinden sich zurzeit in der Schweiz?
Genaue Zahlen werden vom Staatssekretariat für Migration erhoben: Es sind gegen 60'000, die den Schutzstatus S beantragt haben. Und die Zahl wächst täglich. Davon entfallen rund 7000 auf den Kanton Bern sowie rund 1500 bis 2000 auf die Stadt Bern.

Sie vermitteln auch Jobsuchende?
Ja, dazu arbeiten wir mit der Berner Beratungsstelle Triio zusammen. Ihre Workshops, in welchen sie die Geflüchteten im Bewerbungsverfahren unterstützen, sind sehr gefragt. Allerdings stellen die Deutschkenntnisse das Nadelöhr dar, um einen Job zu bekommen. Das gilt sogar im IT-Bereich, Englischkenntnisse sind unter den Geflüchteten nämlich weniger verbreitet als vielleicht vermutet. Bei Fachkräften wie etwa Ärztinnen stellt zudem der steinige Weg der Anerkennung ukrainischer Diplome eine grosse Hürde dar, damit sie hier auch angestellt werden können.

Wie bekannt ist das Angebot der Ukraine-Hilfe Bern unter den Hilfesuchenden?
Wie populär unser Angebot beispielsweise in Telegram-Chats von Ukrainerinnen und Ukrainern ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Wir bewerben es jedoch dort regelmässig und werden dabei auch von den Geflüchteten unterstützt. Zudem betreiben wir einen Newsletter, dessen Abonnentenzahlen stark wächst. Unser Angebot ist weit über den Kanton hinaus bekannt. So kommen gerade Geflüchtete aus der Romandie bei uns vorbei, sogar solche aus Italien oder Deutschland haben schon ihren Weg hierher gefunden. Offenbar können wir ihnen zahlreiche wichtige Informationen geben, die sie andernorts nicht bekommen. Dasselbe gilt für unsere breit gefächerten Vermittlungsangebote. Unsere Website wird sehr gut besucht und rege weiterverlinkt.

Den Geflüchteten aus der Ukraine schlägt zurzeit eine Welle der Solidarität entgegen. Wie sehen Sie besonders da die Situationen anderer Flüchtlinge?
Es ist uns ein Anliegen, dass insbesondere Kriegsflüchtlinge gleichbehandelt werden und dass wir vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs unser Verhalten gegenüber Geflüchteten kritisch hinterfragen. So dürfen auch die anderen Geflüchteten beispielsweise die Kulturveranstaltungen von Bühnen Bern oder die Berner Museen gratis besuchen. Wir denken bei der Gleichbehandlung aber auch an den Zugang anderer Geflüchteter zu Sommerfreizeitaktivitäten oder zum Ferienlager in Fiesch.

ukraine-hilfe-bern.ch

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