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Nur Objekte in Vitrinen zu stellen, ist heute passé

03.05.2023

Museen müssen heutzutage viel mehr am Puls der Zeit sein als früher. So sieht es Thomas Pauli-Gabi, der seit drei Jahren das Bernische Historische Museum BHM leitet. In der Burgergemeinde Bern wird im Juni über den neuen Leistungsvertrag für das Museum abgestimmt.

TEXT: MARTIN GRASSL

Woran zeigt sich beim Museumsbesuch die 2021 neu definierte Strategie des Hauses?
Thomas Pauli-Gabi: Für die Gäste zeigt sie sich im Ausbau von Angeboten, so im Aussenraum mit der Sommerbar oder durch neue Vermittlungsangebote im Park. Dann wurden die Dauerausstellungen wiederbelebt, etwa durch Audio-Walks oder Interventionen, die beispielsweise neueste Funde archäologischer Ausgrabungen im Kanton Bern präsentieren. Erwähnenswert ist aktuell ein Game für Erwachsene, das die berühmte Berner Burgunderbeute spielerisch vermittelt. Ganz allgemein haben Veranstaltungen auch ausserhalb der üblichen Öffnungszeiten zugenommen. Das Publikum schätzt den neuen Kurs, 2022 konnten wir mit 139 000 Eintritten einen neuen Publikumsrekord verzeichnen, um die Hälfte mehr als im Vorpandemiejahr. Intern haben wir uns reorganisiert, der Programmation kommt mehr Gewicht zu, und die einzelnen Abteilungen verfügen über mehr Verantwortung und Gestaltungsraum.

Was hat sich bei der Konzeption der Wechselausstellungen verändert?
Sie sollen zu lustvollen, lehrreichen Reisen und zum Abtauchen in andere Welten animieren wie anlässlich der «Mythos Samurai»-Ausstellung oder gesellschaftliche Debatten aufgreifen, wie es die Schau «Das entfesselte Geld» getan hat. Dann werden wir auch aus Nachhaltigkeitsgründen die Laufzeiten unserer Wechselausstellungen von jeweils fünf bis sieben Monaten bis um das Doppelte verlängern.

Will das Museum neue Gästesegmente ansprechen?
Neben unserem Fokus aufs Stammpublikum wollen wir verstärkt Familien ansprechen und ganz speziell Jugendliche, wie zurzeit mit unserer Ausstellung «Rausch». Wir haben aber auch Stadttouristinnen und -touristen sowie Firmen und Vereine mit passenden Angeboten im Blick.

Vermittlung gehört zu den Aufgaben des BHM. Wie erreicht man das Publikum heutzutage?
So einfach es tönt: mit spannend erzählten Geschichten. Und wir müssen die Besuchenden hinsichtlich ihrer Lebenserfahrung abholen. Dazu braucht es den richtigen Mix aus Wissensvermittlung, emotionalen Erlebnissen und der Möglichkeit für das Publikum, sich selbst einbringen zu können. Anders gesagt: Nur Objekte in Vitrinen zu stellen, ist heute passé.

Museen müssen bezüglich der wandelnden Bedürfnisse neuer Generationen mit der Zeit gehen. Was sind die grössten Umbrüche?
Eine wichtige Veränderung zu früher ist, dass Wissen heute im Web überall abrufbar ist, die traditionelle Rolle von Museen als Lehranstalten hat dadurch ausgedient. Museen zeichnet aber weiterhin ihre Glaubwürdigkeit aus, sie sind imstande, zu einer Thematik unterschiedliche Perspektiven zu eröffnen und Geschichte sinnlich erfahrbar zu machen. Anders als früher, müssen Museen heute aktuelle Debatten aufgreifen. Multimedia, also Audio, Video oder Augmented Reality, sind dabei ohnehin ein Muss. Und die Besuchenden wollen ihr Feedback deponieren sowie in verschiedenen Bereichen der Museumsarbeit mitmachen. Auch unser Museum wird sich für die Teilhabe stärker öffnen. Ferner sind insgesamt die Ansprüche an die Servicequalität gestiegen.

In den nächsten Jahren läuft die Aufbauphase für das Museumsquartier Bern MQB: Welche Rolle spielt hier das BHM?
Das BHM sieht sich als Zugpferd, schon nur, weil wir dem Projekt südseitig ein grosses Areal zur Verfügung stellen. Auch bei der Planung der Gesamterneuerung des Altbaus hat das MQB einen hohen Stellenwert. Wir müssen sicherstellen, dass das BHM südseitig optimal an das Herzstück des MQB, den Museumsgarten, angeschlossen wird. Das MQB Bern ist eine grosse Chance für unser Museum: Aktuell realisieren wir mehrere Kooperationen, etwa mit dem Alpinen Museum oder mit dem Integrationsprojekt für Geflüchtete MAZAY.

Im Jahr 2027 steht dem Hauptgebäude des BHM eine grosse Sanierung samt Umbauten bevor. Ist das wirklich nötig?
Absolut. Die Fenster beispielsweise stammen aus dem Jahr 1894, die Holzrahmen sind morsch, und an einzelnen Stellen regnet es sogar herein. Dann ist das Museum nicht durchgängig barrierefrei, und die Brandschutzvorschriften können nicht eingehalten werden. Die gebäudetechnischen Einbauten der letzten Jahrzehnte haben zu einem Flickenteppich geführt, der hohe Kosten verursacht. Hinzu kommt, dass unsere CO2-Bilanz miserabel ist. Die Räume enden alle in Sackgassen, sodass die Besuchenden auf demselben Weg, auf dem sie gekommen sind, wieder zurückgehen müssen, was dramaturgisch sehr ungünstig ist. Die Sanierung ist dringend nötig und eine Chance, das Museum fit für die Zukunft zu machen. Ich bin sicher, dass das umfassend erneuerte Museum für das Publikum und Bern einen grossen Mehrwert bringen wird.

Wodurch unterscheidet sich das BHM von anderen ähnlichen Schweizer Institutionen wie etwa vom Landesmuseum Zürich?
Die zwei Museen unterscheiden sich weniger in der Vermittlung, dafür umso mehr durch ihre Sammlungen. In Bern wurde um Jahrhunderte früher mit dem Aufbau der Sammlung begonnen, weshalb wir darin viele historische Kostbarkeiten bewahren, um die uns andere Museen beneiden. Und im Gegensatz zum Landesmuseum haben wir in Bern eine ethnografische Sammlung, notabene die drittgrösste der Schweiz. Das BHM ist mit seinen historischen, archäologischen, ethnografischen und numismatischen Sammlungen ein Universalmuseum der Welt- und Berngeschichte(n).

bhm.ch

abgelegt unter: EKG, Bildung, Kultur, Burgergemeinde

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