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Ein kaiserliches Widmungsexemplar geht online

14.05.2018

Jede Handschrift ist einzigartig – das liegt in ihrer Natur. Doch während in der Regel die darin enthaltenen Texte in mehreren Handschriften überliefert sind, gibt es auch solche, die unikal, also lediglich in einer einzigen Handschrift erhalten sind. Ein solches Unikum ist der sogenannte Ebulo-Codex der Burgerbibliothek Bern. Es handelt sich hierbei um eine rund 3500 Verse umfassende Chronik in drei Büchern mit dem Titel: Liber ad honorem Augusti sive de rebus Siculis, Buch zu Ehren des Kaisers oder über die Ereignisse in Sizilien.

TEXT: FLORIAN MITTENHUBER; BILDER: ZVG

Die ersten beiden Bücher der Ebulo-Handschrift schildern die staufische Eroberung Süditaliens und Siziliens durch Kaiser Heinrich VI. Das dritte Buch ist ein Lobgedicht auf den Kaiser und seine Gemahlin Konstanze, die Tochter und Erbin König Rogers II. von Sizilien. Verfasst wurde das vermutlich von Kanzler Konrad von Querfurt in Auftrag gegebene und vom Autor Petrus von Ebulo selbst korrigierte Werk in den Jahren 1195 bis 1197. Die besondere Ausstattung deutet auf ein Widmungsexemplar hin, was auf einer der Bildseiten auch dargestellt ist. Einzigartig sind die 53 kolorierten Federzeichnungen, die jeweils rechts dem Text gegenüber stehen. Text und Bild ergänzen sich also. Diese Illustrationen von wohl drei unbekannten Buchmalern sind von höchstem kulturgeschichtlichem Wert, denn sie bilden die einzigen zeitgenössischen Bilddokumente des 12. Jahrhunderts, in denen Alltagsleben und Krieg in und um Palermo abgebildet sind.

Der Codex wurde im späteren Mittelalter in Frankreich aufbewahrt und kam 1632 mit der berühmten Sammlung des hugenottischen Diplomaten und Gelehrten Jacques Bongars (1554 –1612) nach Bern. Hier war man sich bereits im 18. Jahrhundert über den herausragenden Wert der Handschrift im Klaren. So enthielt die durch den damaligen Bibliothekar Samuel Engel besorgte und 1746 in Basel erschienene Erstausgabe auch Kupferstiche einiger Bildseiten, was damals nur aussergewöhnlich kostbaren Werken vorbehalten war. Auch in den folgenden 250 Jahren wurde der Ebulo-Codex viel beachtet, weshalb sich die Burgerbibliothek entschied, die Handschrift 1994 als Faksimile herauszugeben. Dadurch wurde die Handschrift noch bekannter: sie wird heute weitaus am meisten für Reproduktionen nachgefragt. Aufgrund der regen Benutzung über die Jahrhunderte hat die Buchmalerei jedoch gelitten und es kam zu grossflächigen Farbabplatzungen. Daher wurde der Ebulo bereits in der letzten Dekade als Leihgabe an Ausstellungen, aber auch weitgehend von der Benutzung ausgeschlossen. Da dieser Zustand für die Forschung unbefriedigend war, entschloss sich die Burgerbibliothek, den Ebulo nun als vollständiges Digitalfaksimile zur Verfügung zu stellen.

Mit e-codices, der virtuellen Handschriftenplattform der Schweiz, besteht seit 2010 eine fruchtbare Zusammenarbeit: Jedes Jahr werden ungefähr ein Dutzend Handschriften auf e-codices gestellt. Derzeit sind etwas über 50 Handschriften der Burgerbibliothek online, die meisten aus konservatorischen Überlegungen oder auf Wunsch von Forschenden aus aller Welt. Die Digitalisierung erfolgt in der Burgerbibliothek selber, in einem klimastabilen Raum und bei idealen Lichtverhältnissen. Eine Fotografin von e-codices reist hierfür eigens an und fertigt mit der Kamera hochaufgelöste Aufnahmen an. Die zur Erfassung dazugehörige wissenschaftliche Beschreibung erfolgt durch den Konservator der Burgerbibliothek, oft in enger Zusammenarbeit mit anderen Forschenden. Die finale digitale Aufbereitung erfolgt durch e-codices. Bis zur Aufschaltung einer Handschrift dauert der gesamte Prozess etwa ein knappes Jahr. Beim Ebulo-Codex ist die Aufschaltung im März 2018 erfolgt. Er kann nun bequem von zuhause aus bewundert und studiert werden.

Zum Ebulo-Codex online

abgelegt unter: Burgerbibliothek, Kultur

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