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Mit #bonjoursuisse eine ungeahnt farbige Schweiz entdecken

31.08.2022

Wenn Schweizer Medien über Ausländer schreiben, dominieren Bad News. Dem setzt das Schweizer Onlinemagazin «baba news» seit 2018 etwas entgegen und rückt die rund 2 Mio. in der Schweiz lebenden Menschen ausländischer Herkunft in den Mittelpunkt. Die Videoserie #bonjoursuisse von «baba news» zeichnet atmosphärische Porträts von jungen Kunstschaffenden mit Migrationshintergrund.

Bild Legende:

TEXT: MARTIN GRASSL; BILD: baba news

Albina Muhtari und Merita Shabani leiten «baba news» mit Redaktionssitz in Bern. Obwohl rund 25% der Schweizer Bevölkerung ausländischer Abstammung sind, kommen sie in der medialen Berichterstattung zu kurz, abgesehen davon, dass auch sie Medien konsumieren. «baba news» füllt die Lücke und gibt ihnen eine Stimme. Das Wort Baba bezeichnet im orientalischen Sprachraum den Vater oder Grossvater, im slawischen die Mutter oder Grossmutter und vereint sowohl beide Geschlechter. Darüber hinaus hat Baba etwas mit der Herkunft, dem Zuhause und den eigenen Wurzeln zu tun. «baba news» richtet sich denn auch auf Augenhöhe an ein kulturell gemischtes Publikum. Mit #bonjoursuisse wurde eine 10-teilige Videoserie lanciert, in der Kunstschaffende in Einzelporträts zu Wort kommen. Die rund 10-minütigen Clips sind von einem ruhigen, introspektiven Flow getragen und eröffnen ungeahnte Einblicke in die kreativen Lebenswelten von Menschen mit Migrationshintergrund hierzulande.

MEDAILLON: Albina Muthari und Merita Shabani, wie kamt ihr auf die Idee, mit #bonjoursuisse Kulturschaffende mit Migrationshintergrund ins Licht zu rücken?
ALBINA MUTHARI: Die Anregung dazu kam aus unserer Community. In Deutschland existiert nämlich mit Germania auf ZDF ein populäres Format, wo junge Kunstschaffende mit Migrationshintergrund porträtiert werden. Da in der Schweiz nichts Vergleichbares existierte, reagierten wir und lancierten mit #bonjoursuisse ein ähnliches Format.
MERITA SHABANI: Wenn wir es nicht gemacht hätten, wer denn sonst? Zuerst gingen wir Künstlerinnen und Künstler aus unserem Bekanntenkreis durch, gleichzeitig checkten wir unsere Community auf Social Media nach interessanten Kunstschaffenden für einen Dreh ab. Den Auftakt machte der Schauspieler Samir Klipić, ein Bekannter von uns, der mit seiner Mutter und seinem Bruder vor dem Jugoslawienkrieg aus Bosnien in die Schweiz geflohen war.
AM: #bonjoursuisse war sofort ein voller Erfolg! Alle Videos generierten hohe Klickrates und wurden in unserer Community rege geteilt. Dann bekam Schweizer Radio und Fernsehen SRF Wind von der Sache und kupferte mit Helvetia unser Format ab, doch ohne unsere Reichweite in der Community zu toppen.

Sind das Zielpublikum von «baba news» hauptsächlich Menschen mit Migrationshintergrund?
AM: Wir haben mit «baba news» ohne grosse Konzepte im Hinterkopf losgelegt. Mittlerweile wissen wir, dass uns vor allem 16-34-Jährige folgen, davon haben 50% einen Migrationshintergrund. Der unerwartet hohe Anteil an Schweizerinnen und Schweizern unter den restlichen Followern hat uns positiv überrascht.

Zurück zu #bonjoursuisse, was wollt ihr in den Videos speziell herüberbringen?
AM: Mit den Videoclips wollen wir verdeutlichen, wie divers die Schweiz tatsächlich ist, weil dies in den Medien zu wenig so dargestellt wird. Bad News über Ausländer dominieren, diejenigen mit Vorbildfunktion gehen unter. Kunstschaffende mit Migrationshintergrund zu porträtieren war für uns Neuland und inspirierend. Und es veranschaulicht, wie sehr die Migration die Schweiz auch in kreativer Hinsicht verändert und bereichert hat. Diesen Wandel wollen wir in den öffentlichen Diskurs einspeisen.
MS: Integration ist keine Einbahnstrasse, sondern löst einen wechselseitigen Prozess aus und ebnet den Weg für Austausch, besonders im Bereich der Kunst.

Was bedeutet euch beiden eigentlich Kunst?
MS: Kunst vermag mich aus dem Alltag herauszuholen. Ein Musikstück oder ein Gedicht lösen in mir etwas aus und fahren mir durch den ganzen Körper. Kunst verbindet die Menschen, ihre Sprache ist universell.
AM: Die Musikerin Jessiquoi, die wir auch auf #bonjoursuisse porträtiert haben, meinte, dass sie ein anderer Mensch werde, sobald sie auf der Bühne Musik mache, als würde sie ihre Identität wechseln.

Geht es also auf #bonjoursuisse mehr um Kunst als Herkunft?
MS: Die porträtierten Kunstschaffenden sind frei, was sie von sich erzählen wollen. Wir verstehen uns als Medienmagazin, das die Menschen auf Augenhöhe zu Wort kommen lässt: Niemand soll über den Begriff Herkunft schubladisiert und exotisiert werden. Die Thematik der Herkunft bringen die Kunstschaffenden meistens von selber und auf spielerische Weise zur Sprache.

Ihr führt #bonjoursuisse nun weiter, wer wird als Nächstes porträtiert?
AM: Cyrill David aka Descendant, er ist Comedian und Tik-Tok-Star. Wir wurden zufällig an einem Event auf ihn aufmerksam. Dann eine Musikerin mit albanischen Wurzeln sowie eine Schriftstellerin aus Kroatien.

Stichwort «kulturelle Aneignung» und die Band Lauwarm: Was ist da eure Position?
MS: Als Medienschaffende mit balkanischen Wurzeln sind wir an diesem Thema konkret zu wenig nahe dran, weshalb wir es leider verpasst haben, es rechtzeitig aufzugreifen. Aber auch aus unserer erweiterten Community wollte sich zunächst noch niemand dazu äussern. Dies möchten wir in der nächsten Podcast-Folge «Chez Shabani» ändern und das Thema mit unseren Gästen diskutieren.

baba news

abgelegt unter: EKG, Unterstützte Projekte, Kultur

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