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Unbekannter Bekannter T. rex

Ursula Menkveld, Kuratorin Paläontologie, vor dem versteinerten Skelett eines heimischen Fischsauriers

07.09.2019

Der Film «Jurassic Parc» hat den Tyrannosaurus rex in den Köpfen von Millionen Menschen als mörderische Bestie zementiert. Doch längst nicht alles im Spielberg-Streifen hält einer wissenschaftlichen Betrachtung stand. Die spektakuläre Ausstellung «T. rex – Kennen wir uns?» im Naturhistorischen Museum steht ab 14. September ganz im Zeichen des Königs der schrecklichen Echsen und vermag das Publikum mit überraschenden Sichtweisen zu fesseln. Das Medaillon hat sich im Vorfeld der Schau mit Ursula Menkveld, Kuratorin Paläontologie am Museum, zum Gespräch getroffen.

TEXT UND BILD: MARTIN GRASSL

MEDAILLON: Die Ausstellung heisst «T. rex – Kennen wir uns?». Haben wir falsche Bilder im Kopf und erwarten uns nun ganz neue Erkenntnisse zur Bestie?
URSULA MENKVELD: Das ist durchaus unser Ziel. Die gängigen Vorstellungen von T. rex sind vor allem durch den populären Spielberg-Blockbuster «Jurassic Parc» geprägt, entsprechen aber nicht ganz den Tatsachen. So hätte ein fahrendes Auto die Echse längstens abhängen können, denn diese hätte im ausgewachsenen Zustand kaum mehr als 20 km/h erreicht. Auch geht man heute davon aus, dass sie nicht durch lautes Gebrüll auffiel, sondern eher durch ein tiefes Gurren. Weitere neue Forschungsergebnisse sind in die Ausstellung eingeflossen, welche an von uns entwickelten Infostationen vermittelt werden, die meisten Besuchenden werden ein ganz anderes Bild von T. rex mit nach Hause nehmen.

Wie erforscht man eigentlich ein Lebewesen, das immerhin vor 68 bis 66 Mio. Jahren gelebt hat?
In der Paläontologie sind wir auf möglichst vollständige Funde wie etwa Skelette angewiesen, um ein möglichst genaues Bild der Tiere zeichnen zu können. Von T. rex existieren bislang etwa 50 Funde, allesamt aus Nordamerika. Grundsätzlich orientiert man sich in der Forschung an heutigen vergleichbaren Tieren, was etwa das Wechselspiel von Muskeln und Skelett und dergleichen angeht, insbesondere an Vögeln, da die Dinosaurier ihre Vorläufer waren. Neue Techniken wie etwa Computersimulationen erlauben weiter ein viel genaueres Bild der Lebewesen zu zeichnen, beispielsweise was ihre Bewegungsabläufe betrifft.

Ein Mensch hätte den T. rex tatsächlich zu Fuss abhängen können? Wie konnte ein mässig flinker Jäger wie der T. rex überhaupt überleben?
Grösse ist tatsächlich nicht alles. Mit seinen 12 Metern Länge und einem Gewicht von bis zu 9 Tonnen hätte ein T. rex wie schon erwähnt kaum mehr als 20 km/h erreicht, da seine Knochen sonst durch die grosse Belastung eingeknickt wären. Dies haben Forschende mit Simulationen herausgefunden. Wohl haben die T. rex in Gruppen zusammen mit kleineren und schnelleren Jungtieren gejagt, welche den Älteren die Beute zugetrieben haben. Aufgrund seines überaus ausgeprägten Geruchsinns geht man heute auch davon aus, dass der T. rex auch Aas gefressen hat, vermochte er doch tote Tiere auf eine Distanz von bis zu vierzig Kilometern zu wittern. Und er war zwar nicht schnell zu Fuss, jedoch mit Sicherheit äusserst wendig, denn seine hocheffizienten Lungen versorgten seine Muskeln permanent mit sehr viel Sauerstoff.

Das Highlight der Berner Ausstellung ist ein ausgewachsener T. Rex, der sich bewegt. Was steckt hinter dieser gruseligen Animation?
Von 15 Modellen, 12 davon in Lebensgrösse, sind deren acht teils animiert, insgesamt sind Modelle von acht verschiedenen Sauriern zu sehen. In den Nullerjahren begann man Saurierrekonstruktionen animatronisch in Bewegung zu versetzen. Im Laufe der Zeit wurden die Bewegungsabläufe dem neusten Forschungsstand entsprechend verfeinert und angepasst. Unsere T. rex-Ausstellung präsentiert auch hier den aktuellen «State of art» der Forschung.

Der T. rex machte das heutige Nordamerika unsicher. Durchstreiften unsere Lande ebenso furchterregende «Helvetier»?
Das Gebiet der heutigen Schweiz war während der Saurierzeit mehrheitlich von Meerwasser bedeckt. Deshalb stammen hiesige Funde aus der Zeit des Erdmittelalters hauptsächlich von marinen Fossilien. Doch der Norden war in der Jurazeit von Inselketten und Sandbänken geprägt. Der Fund einer gewaltigen, dreizehigen Fussspur beim Bau der Transjurane bestätigte definitv, dass sogar bei uns fast ebenso mächtige Raubsaurier wie T. rex ihr «Unwesen» getrieben haben mussten. Und auch im Gebiet des heutigen Luzernersees wurden Spuren eines grossen Landsauriers gefunden.

Die Ausstellung wurde vom Natural History Museum London entwickelt und produziert und vom Naturhistorischen Museum Bern adaptiert. Wieso lohnt es sich, sie in Bern anzuschauen, und was gibt es in London nicht zu sehen?
Es handelt sich hierbei zwar um eine Leihausstellung aus London, die schon in anderen Städten Europas gezeigt worden ist, jedoch noch nie in der Schweiz. Dazu wird sie, wie schon gesagt, mittels von uns angelegten Infostationen den allerneusten Stand der Forschung vermitteln. Weiter zeigen wir exklusiv die Saurierwelt in der heutigen Schweiz. Zudem wurde das gesamte Raumdesign samt Shop und Café in der Ausstellung von uns komplett selber gestaltet.

Ein gewaltiger Asteorideneinschlag im heutigen Mexiko besiegelte die Herrschaft der Dinos, nur die Vögel, fliegende Dinosaurier, überlebten diese unseren Planeten erschütternde Naturkatastrophe, warum nur sie?
Der Asteorideneinschlag hatte die Auslöschung von nahezu zwei Dritteln der damaligen Pflanzen- und Tierwelt zur Folge. Der T. rex war als im heutigen Nordamerika heimischem Lebewesen schon nur geografisch unmittelbar betroffen. Er hätte den Schwund seiner Beutenahrung, ausgelöst durch den damit einhergehenden drastischen Klimawandel, ohnehin kaum verkraftet, wie auch die anderen grossen Saurier auf der anderen Erdhalbkugel. Diese Naturkatastrophe konnten am ehesten kleine Lebewesen überleben, die weniger Futter benötigten, wie Vögel oder die damals schon existierenden Säugetiere.

Sonderausstellung T. rex – Kennen wir uns?

abgelegt unter: Naturhistorisches Museum

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