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Datenschutz für Anfänger – Warum der Internetbrowser SnowHaze die persönlichen Daten seiner Nutzer schützt

Drei Fünftel von SnowHaze befinden sich aktuell im Ausland. Von links: Pascal Störzbach mit Yvan Monneron, Jan Schilliger und Andris Suter-Dörig mit Dominique Gaschen.

27.10.2017

Surfen ohne zu viele private Daten Preis zu geben? Der Browser SnowHaze ermöglicht dies auch Personen, die kein grosses Technik-Know-How mitbringen. Mit einem einfachen Farbsystem zeigt die App, die fünf Berner Studenten in ihrer Freizeit entwickelt haben, wie hoch der Datenschutz beim aktuellen Surfverhalten ist. Am 1. September 2017 ist das Update von SnowHaze im App-Store erschienen. Mitgründer Jan Schilliger verrät uns im Interview die neusten Funktionen der App und warum ihr oberstes Ziel eine Demokratisierung des Datensammelns ist.

TEXT UND BILD: MERET RADI

Medaillon: War es Zufall, dass SnowHaze 2.0 am gleichen Tag erschien, wie das neue Nachrichtendienstgesetz in Kraft getreten ist?
Jan Schillinger: Nein, natürlich nicht. Wir haben im Juni entschieden, dass unser Update am 1. September erscheinen muss, um eine grössere Medienwirksamkeit zu erreichen. Am Ende war alles sehr, sehr knapp. Richtig vorbereitet für den Release waren wir erst am 29. August.

Was hat sich mit dem Inkrafttreten des neuen Nachrichtendienstgesetzes am 1. September für mich geändert?
Der Nachrichtendienst hat neu die Möglichkeit, den grenzüberschreitenden Internetverkehr einer verdächtigen Person zu überwachen. Wenn aber eine Einzelperson kontrolliert werden soll und der Internetverkehr erst an der Grenze abgefangen wird, wird aufgrund mangelnder Möglichkeiten zur Selektion, der gesamte Internetverkehr durchsucht und somit jeder Internetnutzer überwacht. Quasi jede Kommunikation via Internet ist potentiell grenzüberschreitend, da sich zum Beispiel E-Mail-Anbieter im Ausland befinden können. Ausserdem sind Internet-Anbieter verpflichtet die Randdaten der Kommunikation aufzuzeichnen. Dazu gehören zum Beispiel die besuchten Webseiten, Aufenthaltsort, Zugriffszeit, E-Mail Empfänger und einiges mehr. Seit dem 1. September hat der Nachrichtendienst neu Zugriff auf diese gespeicherten Daten aus dem Fernmeldeverkehr. Diese sogenannte „Vorratsdatenspeicherung" und die Massenüberwachung des Internetverkehrs verstösst meines Erachtens gegen das Recht auf Privatsphäre.

Erklär mir in drei Sätzen, was an SnowHaze besser ist, als bei vergleichbaren Standardbrowsern?
Viele Standardbrowser bieten zwar Funktionen wie "Incognito Modus" oder "Privater Modus" an, dieser schützt aber die persönlichen Daten im besten Fall nur mittelmässig oder gar nicht. SnowHaze bietet auf iOS die besten Funktionen, um die persönlichen Daten zu schützen. Diese gehen weit über die Möglichkeiten eines Standardbrowsers hinaus.

Was ist neu an SnowHaze 2.0?
Die Hauptneuheit ist der eigene VPN-Dienst (VPN steht für virtual private network). Anstatt dass der gesamte Internetverkehr direkt zum Empfänger gelangt, wird bei der Verwendung eines VPNs, die Verbindung verschlüsselt über einen VPN-Server umgeleitet. Zu diesem Zweck besitzen wir mehrere VPN-Server in verschiedenen Ländern. Wenn demnach der VPN Server im Ausland steht, sieht der Nachrichtendienst als Empfänger nur die IP Adresse des VPN Servers und kann den Inhalt nicht lesen, weil die übermittelten Daten verschlüsselt sind. Man ist also vor der Massenüberwachung geschützt. Die Webseite sieht ihrerseits nur die IP Adresse des VPN Servers. Somit schützt SnowHaze seine Nutzer davor, dass sie via persönliche IP-Adresse ihren Aufenthaltsort oder weiterführende Informationen über die Internetverbindungen bekannt geben.

Zudem beugt die App dank dem VPN sogenannten "Man-in-the-middle"-Attacken im öffentlichen Wlan vor. Surfst du mit SnowHaze in einem öffentlichen Wlan, sind alle Daten verschlüsselt, damit sie von niemandem abgefangen und verwendet werden können. Mit dem Release von SnowHaze 2.0 wird der Download der App neu kostenlos. Da man aber bei SnowHaze - im Gegensatz zu Gratis-Apps wie Whatsapp oder Facebook - nicht mit den eigenen Daten bezahlt, generieren wir Einnahmen mit Abos für den VPN-Dienst.

Seid ihr zufrieden mit der Resonanz vom Update?
Ja, die Userzahlen haben sich versiebenfacht. Mit den Einnahmen von den Abonnements vom VPN-Dienst können wir jetzt die Server kostendeckend betreiben.

Verdient ihr bereits an SnowHaze?
Bisher haben wir alles verdiente Geld in die Weiterentwicklung der App investiert. SnowHaze ist aus einem persönlichen Bedürfnis entstanden. Wir haben eine Marktlücke mit einem Produkt gefüllt, das es so auf iOS noch nicht gab. Die Zukunft wird zeigen, wie sich die Konkurrenzsituation entwickelt. Entscheidend ist auch, welche Spuren die Diskussion rund um das Thema Datenschutz im Verhalten der Gesellschaft hinterlässt. Die grösste Herausforderung bleibt es, Leute zu erreichen, die sich noch nicht für Datenschutz interessieren.

Ist es kompliziert mit dem SnowHaze Browser meine Daten zu schützen?
Auf 35'000 User kommen etwa 2 Supportanfragen täglich. Deshalb nehme ich an, dass es nicht kompliziert ist. Die Bedienung funktioniert analog zu Safari, ausser dass die persönlichen Daten geschützt werden. Ein Schild zeigt mit Farben von grün bis rot, wie gut der Datenschutz ist. Mit den Standardeinstellungen ist man bereits ungemein besser geschützt als der durchschnittliche User. Wenn man sich für das Thema interessiert, kann man dank einer Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten SnowHaze seinen Bedürfnisse anpassen. Wählt man seine Einstellungen zu restriktiv, kann das aber auch das Besuchen einiger Seiten verunmöglichen. Im Zweifelsfall haben wir uns bei den Standardeinstellungen eher für die Nutzerfreundlichkeit und gegen einen vollumfänglichen Datenschutz entschieden.

Was wird mir auffallen, wenn ich zum ersten Mal mit SnowHaze surfe?
Die Werbung verschwindet. Insbesondere das „targeted Advertising", also die gezielte Werbung entfällt. Die Ladezeiten der Webseiten unterscheiden sich ebenfalls von denjenigen von Standard-Browsern, mal ist sie kürzer, mal länger. Zudem ist die Funktion „angemeldet bleiben" bei Logins nicht mehr verfügbar, egal wie oft man das Häkchen setzt.

Welche Ziele verfolgt ihr langfristig?
Unser Ziel ist die Demokratisierung des Datensammelns. Jeder soll selber entscheiden, welche Daten über ihn gesammelt werden. Entscheidet sich ein Nutzer dafür, persönliche Daten zur Verfügung zu stellen, soll er auch entlöhnt werden. Das Problem, mit dem wir heute konfrontiert werden ist, dass uns suggeriert wird, Dienste wie Google, Whatsapp oder Facebook seien gratis. Tatsächlich bezahlen wir sie aber mit zur Verfügung stellen unserer Daten. Die Kommunikation darüber, welche Daten gesammelt werden, soll transparenter werden. Zudem sollen Alternativen geschaffen werden, die auch für den technisch uninteressierten Kunden Datenschutz ermöglichen. Eine solche Alternative zu einem Gratis-Browser, der Daten sammelt, sehen wir in SnowHaze.

Wie schützt du deine persönlichen Daten?
Privat nutze ich zum Beispiel keine Google-Produkte und setze auf verschlüsselte Kommunikation. Auf Facebook habe ich zwar noch ein halbtotes Profil, das ich aber hoffentlich bald löschen werde. Möchte ich allerdings im Internet vollständig anonym bleiben, dürfte ich gar keine Geräte besitzen.

Was ist das Berner GenerationenHaus für euch?
In den kritischen Zeiten vor dem Release war es unser Büro. Wir haben uns täglich hier getroffen und uns ausgetauscht. Yvan und ich haben von hier aus auch die Medienarbeit koordiniert. Das GenerationenHaus ist ein cooles Projekt, weil man in dem schönen Gebäude kostenlos arbeiten und die vorhandene Infrastruktur nutzen darf. Ein im positiven Sinn belebter Ort.

Die Idee für SnowHaze hattet ihr auf einer Wanderung im Mont-Blanc-Gebiet. Was kommt euch auf dem nächsten Ausflug in den Sinn?Hoffentlich nichts (lacht). Wir hätten zwar schon ein paar Ideen, aber die Entwicklung eines neuen Produktes ist wahnsinnig aufwendig und anstrengend. Man investiert sehr viel, bis man überhaupt herausfindet, ob sich es sich auszahlt. Aus diesem Grund möchte ich gerade kein zweites Projekt beginnen.

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